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Ein zauberhaftes Abenteuer – von Tatja Drechsel

  • Writer: Brigitte Leeser
    Brigitte Leeser
  • May 10, 2020
  • 16 min read

Die Sonne brannte auf meinem Gesicht wie Feuer- ich öffnete meine Augen. Auf meinem Brustkorb spürte ich ein Gewicht und im Augenwinkel sah ich das blaue Buch auf meinen Rippen. Ach ja, diese dämliche Geographie Prüfung morgen. Nicht schwimmen gehen, lernen sollte ich, das waren die Worte von Thea. Thea war nicht meine leibliche Mutter und sie hatte mir gar nichts zu sagen! Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit ihr, hatte ich mich in den Garten zurückgezogen und war prompt über dem Kapitel zu den Niagara Fällen eingenickt. Ich hielt die Hitze auf meinem Gesicht nicht mehr aus, jetzt fingen sogar meine Augen an zu tränen. Ich fuhr hoch und das Geographiebuch landete im Gras. Die Hängematte schaukelte leicht hin und her. Im Busch neben mir schreckte ein Vogel hoch, lies sich aber kurz danach wieder in der Baumkrone unseres Apfelbaumes nieder. Seltsam! War das ein Wellensittich? Hier bei uns gab es doch keine Wellensittiche und welche anderen hellblau-weiß gefiederten Vögel gab es sonst noch? Vielleicht sollte ich statt Geo lieber ein bisschen Biologie lernen oder noch besser gleich Nachhilfe nehmen… Wellensittiche…. ein Lächeln huschte über mein Gesicht, möglicherweise begann ich schon zu halluzinieren. Ich brauchte dringend einen eiskalten Smoothie. Bei dem Versuch mich elegant aus der Hängematte zu winden, landete ich unsanft auf meinem Hintern und nicht im weichen grünen Rasen, sondern auf einem raschelnden, harten Etwas. Als ich aufstand, griffen meine Hände in das kniehohe Gras und ertasteten ein großes Paket. Ich hob es hoch und landete prompt wieder auf meinem Hintern, denn es war ungefähr so leicht wie ein Mini-Marshmallow. Entnervt öffnete ich das Paket und sah zuerst nur Bläschenfolie. Wütend zerdrückte ich einige der Blasen. Ich hatte mich schon auf ein Geschenk gefreut! Ich riss die Folie weg und schmiss sie in Richtung Terrasse, einige Bienen und Schmetterlinge stoben aus dem Gras auf.

Dann schaute ich neugierig noch einmal genauer hin. In dem Paket befand sich etwas, das aussah wie ein Spinnennetz, halb durchsichtig, etwas staubig und furchtbar hässlich. Ich hob das Spinnengewebe aus dem Paket und darunter kam ein kleiner zitronengelber Umschlag zu Vorschein. Ich zögerte - dass war echt gruselig! Aber meine Neugier siegte. Ich öffnete mit zitternden Händen den Umschlag und fand ein weißes Papier darin:

Ich bin der Schreiber, liebes Kind,

lies meine Zeilen nur geschwind.

Der beste Reimer bin ich nicht

und doch schreib ich dir dies Gedicht.

In diesen Umhang hüll Dich ein,

für Keinen sichtbar wirst Du sein.

Auch bringt er Dich durch Raum und Zeit,

an alle Orte - sei bereit!

Nur bis zum Abend kannst Du reisen,

am Abend wirst zu Haus Du speisen.

Drum wähle gut das Zeil der Reise.

Sei niemals polternd, sondern leise!

Kein Mensch, doch jedes freundlich Tier

vermag Dich zu erspähen hier.

Mit allen Tieren und auch Pflanzen,

kannst Du sprechen und auch tanzen.

Solang im Umhang Du Dich kleidest,

Berührungen Du besser meidest.

Denn fühlen können alle Leute,

selbst wenn sie dich nicht sehen heute.

Nur wer Dich liebt von ganzem Herzen,

mit denen kannst Du nicht so scherzen.

Sie können können Dich durchaus erkennen

und Dich bei Deinem Namen nennen.

Es grüßt Dich freundlich, voll Erwarten

der, dessen Namen Du musst raten…

Was sollte das bedeuten?! Eine schier unendlich erscheinende Weile saß ich noch so im Gras, dann fasste ich einen Entschluss: Ich würde es einfach ausprobieren ob der Schreiber die Wahrheit sagte, ich würde, wenn es denn klappte, in ferne Wälder, an Seen und in längst vergangene Zeiten reisen. Ich würde mit Tieren sprechen, allen möglichen Leuten Streiche spielen und vor allem jetzt sofort als erstes Schwimmen gehen!

Ich stiefelte durch das hohe Gras und über die Terrasse, rannte durch die Hintertür ins Haus und die Treppen hoch in mein Zimmer. Eine Minute brauchte ich um meinen pinken Bikini unterzuziehen, ich wollte mir gerade meine schwarze Bauchtasche greifen, da hielt ich inne. Ein Stimme ertönte hinter mir, eine Stimme die ich nur zu gut kannte: „Wo gehts denn hin so eilig?“, fragte Thea. „Schreibst du nicht morgen Deine Geographie Prüfung?“ Ich drehte mich um: „Das geht dich gar nichts an. Und meine Geographie Prüfung ist mir scheißegal!“ „Mir aber nicht, wir wollten es uns doch jetzt gemütlich machen?!“ „Wir wollten es uns schon um 8 Uhr, vor eineinhalb Stunden gemeinsam “gemütlich“ gemacht haben, aber dann wollte ja Lucy etwas von dir. Lucy deine einzig echte, einzig wahre Tochter!“ Jetzt kam ich richtig in Fahrt, in meinem Bauch brodelte es. Ich war so unfassbar wütend, so sauer auf diese Frau! Thea versuchte mich zu beruhigen: „Hey, du bist auch meine Tochter und ich liebe dich!“ „Nein das tust du nicht“, brüllte ich, „du bist nicht meine leibliche Mutter und du wirst auch nie meine Mama sein!“ Mit diesen Worten rannte ich an ihr vorbei, die Treppe hinunter und schlug die Haustür hinter mir zu. In meiner rechten Hand hielt ich den hässlichen Umhang und meine linke Hand zu einer festen Faust geballt.

Ich blieb stehen, warf den Umhang über und ging wieder los. Der Asphalt brannte unter meinen nackten Füßen. Was sollte ich jetzt nur tun? War ich zu grob zu Thea gewesen? Nein, sie hatte es verdient! Hatte wirklich! Oder rechtfertigte ich gerade mein Verhalten? In meinen Gedanken versunken merkte ich nicht, wie ein großer dicker Mann auf mich zukam. Erst als er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt war blickte ich auf und drückte mich rasch an die Wand des Hauses neben mir. Ich musste hier weg! Aber wohin und wie? Da fiel mir mein Geographiebuch ein. Ein Kribbeln durchströmte meinen Körper, ein Kribbeln so als wäre mein Fuß eingeschlafen, nur war dieses Kribbeln überall in meinem Körper, bis in meine Ohrläppchen. Ich hatte ein Gefühl als würde ich mich auflösen. Dieses Gefühl war etwas ganz Neues, wie Trampolin springen und dazu Brause trinken… alles brodelt. Gleichzeitig fühlte ich mich schwerelos.

Sekunden später stand ich an einer Klippe und fast wäre ich in die tosend herabstürzenden Wassermassen der Niagarafälle gestürzt. Vor Schreck stolperte ich drei Schritte zurück, drehet mich um und kotzte in den Busch neben mir. Diese stürmische Reise mit dem Spinnennetzumhang drehte mir den Magen um. Und in meinen Ohren ein betäubender Lärm - 2,2 Millionen Liter Wasser pro Sekunde stürzten eine Klippe hinunter! Um den Lärm zu übertönen, kreischten Vögel! Sie schienen sich gegenseitig etwas zuzukreischen, nein, es war viel zu laut um etwas zu verstehen, bestimmt irrte ich mich. Seltsamerweise duftete es auch nach Blumen. Mir war immer noch ein bisschen schwindelig. Also setzte ich mich zwischen die Pflanzen ins feuchte Gras und sah auf die Wasserfälle, da flog mir ein Vogel vor das Gesicht. Ein hellblauer Wellensittich versperrte mir die Sicht auf das Naturwunder. Ich verscheuchte ihn mit der Hand. Mir wurde heiß und das Wasser machte mich durstig. Ich wollte schwimmen gehen aber hier ging das nicht. Ich würde unter Wasser gezogen werden und nicht mehr hochkommen. Also wohin dann? Ich dachte an den Wannsee. Dort war ich letzten Sommer ein paar Mal mit meinem Vater gewesen Kaum hatte ich daran gedacht, begann das Kribbeln erneut und dann wieder dieses komische Gefühl als würde ich mich auflösen. Binnen Sekunden stand ich an einem großen See. Die Niagarafälle waren definitiv schöner und spektakulärer gewesen. Ich drehte mich zur Seite und spuckte in die Hecke. Bäh! Hätte ich vorher gewusst, dass ich so schnell woanders bin, nur weil ich kurz an irgendeinen Ort denke, wäre ich lieber noch ein bisschen dort geblieben. Nun gut. Wenigstens war ich alleine, also zog ich den Umhang, mein T-Shirt und meine Shorts aus und lies sie achtlos im Sand liegen. Ich rannte so schnell ich konnte über den Steg und sprang ins kühle Nass. Das Wasser war herrlich erfrischend, es fühlte sich so gut an, endlich in Ruhe baden zu können. Ich drehte mich um, blickte in den Himmel und auf dem Rücken weiter. Ich schloss die Augen, die Sonne schien auf mein Gesicht. „Auuuuua!“ Plötzlich spürte ich scharfe Krallen auf meiner Wange. Ich schlug die Augen auf und blickte auf hellblaue Federn. Ich fuchtelte wild mit den Händen und tauchte unter. Die Krallen lösten sich und ich schwamm so schnell ich konnte an Land. Ich ließ mich in den Sand fallen, nur um gleich danach wieder aufzuspringen, der Sand war schrecklich heiß!

An einem schattigen Platz ließ mich ins Gras plumpsen und tastete vorsichtig über mein Gesicht. Nicht eine einzige Schramme konnte ich darauf fühlen. Und das obwohl die Krallen sich fast in meine Haut gegraben hatten. Etwas ließ sich auf meiner rechten Schulter nieder. Schon wieder dieser komische Vogel! Ein hellblauer Wellensittich, derselbe, den ich am Morgen im Garten gesehen hatte, derselbe den ich an den Niagarafällen verscheucht hatte und derselbe, der mich bis in den Wannsee verfolgt und in meiner Ruhe gestört hatte! „Blödes Federvieh, was willst du von mir! Warte!“ Ich hielt inne „Wie konntest mir folgen!?“ „Hi,hi“ Das kam aus der Richtung des Vogels. „Du denkst ich kann dir gar nicht folgen, doch bin ich wie ein Maiskolben hi, hihi“ Bitte???? Wie ein Maiskolben?! „Dichten kann ich leider nicht, bin trotzdem ein ganz netter Wicht. Was meinst du, wer ich denn wohl bin? Mein Name ist mitnichten Kim“ Kim?! „Ich bin der, den du den Schreiber nennst, dessen Identität du gar nicht kennst, hihihi“ Diese Worte kannte ich doch. „Ich, Ich bin Ma…“ „Ja, ja, ich weiß ich weiß, dass Du Maria heißt.“ „Oh, okay und du redest???“ „Ja, ja, ich spreche wie ein Wasserfall, und singe wie `ne Nachtigall!“ Wirklich ein komischer Vogel! „Ich flieg schneller, als ein Puma rennt, bin der, den man Pumavogel nennt. Doch mein Namensgeber war nicht schlau, denn ein Puma ist schwarz und ich bin hellblau!“ „Und du bist der Schreiber?“ „Ja, ja, der Schreiber bin ich wohl, fürwahr, und zähl schon 128 und ein halbes Jahr.“ „128! Wie alt werden Wellensittiche denn normalerweise?“ „Was bis zu meiner Geburt immer galt, ein Wellensittich wird 5-10 Jahre alt.“ ich schluckte. „Ich habe das weichste Gefieder der Erde, sogar weicher als das Fell der Pferde. Hihi Meine Federn sind blauer als der Himmel und bekommen bestimmt niemals Schimmel. Entschuldigung für den schlechten Reim, mir fiel einfach gar nichts Besseres ein.“ „Kannst du mich denn auch noch sehen, wenn ich den Umhang überwerfe?“ „Ich bin allwissend und kann alles sehen, und ich werde immer an deiner Seite gehen! Dein tierischer Begleiter werde ich sein, ich werde immer, immer dein sein!“ Mir blieb der Mund offen stehen „Schließen solltest du deinen Mund, und dem Jungen deine Meinung tun kund, hihihi“ „Welchen Jungen“ „Den Jungen, die dort drüben stehen, und jetzt über deinen Umhang gehen.“ Ohhh!! Es waren drei Jungen an die Badestelle gekommen. Sie waren etwas älter als ich. Um meine Shorts und mein T-Shirt machten sie einen großen Bogen, aber über den Umhang trampelten sie einfach drüber. Ich lief zu ihnen: „Hey, hey, hey ich weiß das er hässlich ist, aber man muss doch nicht gleich über meinen Umhang stiefeln!“ Die drei sahen mich belustigt an: „Pah, welcher Umhang? Habt Ihr das gehört, die Kleine hat doch einen Knall!“, pampte der Größte von ihnen. „Vielleicht kühlst Du Dich besser du noch mal ab, Püppchen! Kommt Jungs!“ Die Drei kamen auf mich zu und ich stolperte ein paar Schritte rückwärts: „Hey Jungs, das könnt ihr nicht machen, das wird Folgen haben“ „Das können wir sehr wohl“ Der Große kam mir so nah, dass ich seinen Bier-Atem riechen konnte. Dann verpasste er mir einen heftigen Stoß und ich fiel ins Wasser. Die Jungs klatschten sich lachend ab und setzten sich auf ihre Handtücher ins Gras. Sie holten ein Sixpack aus ihrem Rucksack und schnappten sich jeder eine Flasche. Ich schlug wütend mit der flachen Hand aufs Wasser. Da flog mein neuer gefiederter Freund zu mir herüber: „Was bist denn so wütend du? Wir ärgern diese Strolche im Nu. Lass doch die Kerle mit den Plattfüßen, für die ihre bösen Taten büßen!“ „Du hast recht Vögelchen, spielen wir ihnen einige Streiche!“ Ich schwamm zur Leiter und zog mich auf den Steg. Ich warf meine Klamotten und den Umhang über, was keine sehr gute Idee war, denn die Sachen klebten auf meiner nassen Haut wie Tesafilm auf einem Papier. Ich wanderte zu den Jungen herüber, bückte mich und säuselte dem großen ins Ohr: „Ich sagte doch, das gibt Konsequenzen“ „Ah!“, der Junge zuckte zusammen. „Was war das?“ „He, Julian stimmt was nicht?“ Einer der anderen Jungen sah ihn besorgt an. „Sag es ihnen!“, flüsterte ich. „Ihr hättet’s nicht tun dürfen.“ Julian zuckte wieder zusammen „Wir hätten das Mädchen nicht ärgern dürfen. Sie ist hier!“ Er deutete auf mich. “Doch die Jungen lachten nur „ Tsssst, Julian versuch gar nicht erst Tom und mich herein zu legen“, sagte der Dritte „Nein, John, ich meine es ernst. Sie ist hier!“ Tom und John prusteten los. Ich musste den Spuck noch echter wirken lassen. Ich lief in Richtung der Bierkästen, schnappte mir eine Flasche und hob sie in die Luft. Tom und John fingen an zu schreien und ich musste mir Lachen verkneifen. Die beiden Jungen schrien wie kleine Mädchen. Julian rannte los und verschwand. Um auch noch die Zwei anderen zu verjagen, sagte ich mit tiefer Stimme: „Wagt es nie wieder Mädchen oder andere Leute zu provozieren!“ „Das machen wir bestimmt nie wieder, versprochen“, stotterte John. Die beiden drehten sich um und rannten los.

„Das hast du sehr gutgemacht, da hab‘ ich ganz schön laut gelacht!“ Der Vogel war wieder da und flatterte kreisend um meinen Kopf. „Danke Kim - ich darf dich doch Kim nennen?“ Ich legte mich noch eine Weile auf den heißen Sand und ließ mich von der Sonne trocknen. Aber schon nach kurzer Zeit fing Kim an zu nörgeln. Er ließ sich auf meiner Schulter nieder und begann unglaublich schlechte Reime aufzusagen: „Wie wär‘ es mit ‘nem Gin, oder wo willst du hin?“ „Also ich trinke noch keinen Gin, aber ich habe echt Hunger.“ „Was möchtest du denn essen, und wo kann ich was Leckeres fressen?“ „Ich habe Lust auf Süßes, wie im Schlaraffenland. Wie geht das jetzt? Simsalabim, Umhang bring mich jetzt dort hin!“ Nichts geschah. „Hihihi, nicht reden sollst Du, sondern denken, dann wird der Umhang dir eine neue Umgebung schenken!“ Okay, Schlaraffenland, Schlaraffenland…. Das Kribbeln begann, dann das komische Gefühl und - schwups - stand ich direkt an einem gelb blubbernden Limonadensee. Es duftete köstlich süß! Außer uns war niemand zu sehen. Gegen den Spuckreiz tauchte ich meine Hände ein und trank direkt aus meiner hohlen Hand einen großen Schluck von der leckersten Limonade, die ich je probiert hatte. Die Limonade schmeckte nach Zitrone und einer Spur Waldmeister - meine Lieblingssorte. Ich schöpfte erneut aus dem See und gab auch Kim zu trinken. „Ohhh, ein schöner Wunsch, genau das was ich mag, da mich ebenfalls der Hunger plagt. Toll, nach Erdbeere schmeckt die Limonade, das ist gut denn Zitrone fänd ich ganz schön fade.“ „Deine Limo schmeckt nach Erdbeere, meine nach Zitrone und Waldmeister, wahrscheinlich ändert sich der Geschmack, je nach der Person. Das ist ja mal obercool!“ Ich schlürfte noch mehr Limo. Komisch, meine Hände waren gar nicht klebrig. Dann sah ich mich um: Hinter ums befand sich ein Gummibärchenbaum. „Ohh, lecker, ich möchte ein paar essen und dann müssen wir wieder los, denn der Sonne nach zu urteilen, ist es schon mindestens 15.00 Uhr. Ich pflückte mir ein paar Süßigkeiten und wollte mir gerade einige Bärchen in den Mund stecken, doch da kam Kim angeflattert und schnappte mir alle Gummiteddys aus der Hand. „Ey!“ „Kim muss auch etwas rauben, das kannst Du nicht allein abstauben. Hihihih!“ Ich nahm mir nochmal drei Gummibärchen in die Hand, ein grünes, ein gelbes und ein weißes. Ich öffnete den Mund da kam der Vogel schon wieder angesaust und schnappte mir meine Ernte weg. „Kim!“ „Hihihi!“ Ich pflückte wieder einige Süßwaren und das Spiel begann von vorn. Es ging sogar so weit, dass ich nach einer Zeit nur noch Bärchen pflückte und sie dann in ausgestreckter Hand Kim hinhielt. Nach einer gefühlten Ewigkeit sank Kim auf meine Schulter: „Jetzt bin ich wirklich pappe satt, und Kim bald Diabetes hat.“ „Na das hast du jetzt davon!“ Ich stopfte mir einige der unglaublich fruchtig schmeckenden Gummiteddys in den Mund und einige Bonbonblumen in die Bauchtasche. Dann fragte ich Kim: „Na, wohin willst du?“ Mir ist das wirklich ganz egal, nur dieser Ausflug war fatal!“ „Fand ich gar nicht! Aber wenn man mit dem hässlichen Ding auch in Länder reisen kann, die man sonst nur aus Büchern kennt…“

Ich wollte nach Hogwarts, in das Jahr, in dem Harry Potter auf die Schule kam! Kribbeln, komisches Gefühl und ich spuckte in direkt den Schlosshof von Hogwarts. „Harry! Alles gut?“ Ich sah mich um. „Harry, du solltest oben im Krankenflügel liegen und was willst du jetzt mit dem Tarnumhang?“ Ich sah sie! Hermine Granger! Auf eine Antwort wartend. „Harry?“ Ich brachte immer noch keinen Ton heraus. „HarryPotter, du lässt mir keine andere Wahl: Wingardium LeviOOOsa!!!“ Dazu wischte und wedelte sie mit ihrem Zauberstab und mein Umhang flog auf den Boden. Hermine zog hörbar die Luft ein: „Wer bist du? Du kommst nicht aus Hogwarts?“ „Nein, ich komme nicht von hier.“ „Wie zu Hölle bist du dann hier herein gekommen? Hogwarts ist von Schutzzaubern umgeben.“ „Frag doch den Vogel!“ Ich deutete auf Kim. „Mit diesem Umhang kommt man überall hin, und auch die Schutzzauber sind mit im Wort überall drin!“ „Oh ha, aber reimen kann der Vogel nicht wirklich gut!“ Hermine war ein wenig verwirrt. „Nein, das kann er wirklich nicht!“ „Nein, nein, im Dichten bin ich nicht der Meister. Der Reim klebt im Schnabel mir wie Kleister.“ Hermine fing an zu lachen und ich fiel fröhlich mit ein. „Und wie heißt du jetzt?“, Hermine hatte sich ihre unbeantwortete Frage gemerkt. „Ich werde es schon nicht petzen!“ „Na gut mein Name ist Maria.“ „Und wie bist du an diesen Umhang gekommen?“ „Also das war so, heute morgen…“ Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. „Und die Jungen, die sind einfach abgehauen, wie Babys?“ „Ja!“ „Ich stand schon einem Troll gegenüber und bin nicht weggerannt! Okay, vielleicht hatte ich ein wenig Angst.“ Ich musste kichern. „Und Maria, wo willst du als nächstes hin?“ „Also ich, ich würde gerne einmal in den Griffendor Gemeinschaftsraum und zu den Eulen!“ „Okay, los geht’s!“ Wir warfen uns gemeinsam den Umhang über, der auf magische Weise größer wurde und uns beide problemlos verbergen konnte. Dann gingen wir los. Nach einem Rundgang durch den Gemeinschaftsraum und Hermines unglaublich ordentliches Bett im Mädchenschlafraum gingen wir zur Eulerei. Nach einer sehr langen und steilen Treppe, kamen wir in einen Raum wo hunderte Eulen auf Vogelstangen saßen. Ein bestialisch beißender Gestank erfüllte die Luft. „Oh, das find ich ganz toll, hier ist wirklich herrlich voll!“ Kim gesellte sich zu den Eulen auf eine Stange. „Und was willst du jetzt hier?“ Hermine sah mir in die Augen „Ähm, ich wollte Hedwig sehen.“ „Ach so, die ist dort hinten.“ Wir gingen in die hinterste Ecke des Raumes und dort saß eine schneeweiße Eule. „Hallo Hedwig“ sagte ich. „Die versteht dich doch nicht!“ „Hi, wer bist du?“, kam es aus Hedwigs Schnabel. Ich tippte mir auf die Brust. „Ich?“ „Ja, du!“ „Du kannst mich sehen?“ „Maria, hier ist’s kalt - ich friere -ach ja und sehen können dich liebe Tiere!“ Kim hatte sich von ihrer Stange erhoben und flatterte jetzt über meinem Kopf. Stimmt! So hatte es ja in dem Brief gestanden, dort hieß es außerdem, dass ich mit den Tieren sprechen konnte. „Warte, du verstehst sie?“ Hermine hatte von der Unterhaltung mit Hedwig natürlich nichts mitbekommen, denn der Umhang verlieh nur mir diese Kraft, egal wer ihn sonst überzog. „Ja, das tue ich. Aber jetzt lass uns bitte gehen. Es ist sehr kalt hier oben. Auf Wiedersehen, Hedwig.“ „Tschüss.“ Hedwig Stimme klang irgendwie als wäre sie Meilen entfernt, obwohl ich immer noch neben ihr stand. Vielleicht war das so, wenn Tiere sprachen. Wir verließen den Raum und ich pustete aus. Endlich konnte ich wieder frei atmen! Als wir unten im Schulflur standen, fragte Hermine: „Und, soll ich dir einige Zaubersprüche zeigen?“ „Oh ja, aber vorher habe ich noch eine Frage: Warum sind wir ganz allein hier?“ „Heute ist Prüfungstag und ich war als Erste fertig, die anderen schreiben noch. Die Prüfung war wirklich viel zu einfach!“ Irgendwie sah Hermine enttäuscht aus. „Ich schreibe auch morgen eine Prüfung in Geographie.“ „Geogr….ach ja, du bist ja ein Muggel. Aber wenn du morgen eine Prüfung schreibst warum bist du dann hier?“ „Na ja, die Prüfung ist mir nicht so wichtig, verstehst Du? Geografie ist langweilig und gehört eh nicht zu meinen Stärken.“ Das hätte ich nicht sagen dürfen! „Du gehst jetzt sofort nach Hause und lernst!“, sagte sie sehr ernst. Sie klang nervös. „Sofort!“ jetzt schrie sie mich richtig an, schlüpfte aus dem Umhang und entfernte sich einige Meter. Jetzt verstand ich auch, warum Harry sich vor Hermine fürchtete. Ich überlegte kurz, dann begann das Kribbeln. Während das komische Gefühl sich in meinem Magen ausbreitete, hörte ich die Schulglocke und sah wie ein Kopf mit roten Haaren aus einer der Türen schlenderte. Ron Weasley! Ich hörte ihn noch sagen: „Meine Prüfung lief leider nicht so gut.“, dann schwebte ich in der Luft. Ich schwebte nicht ich fiel.

Als ich an Nimmerland dachte, hatte ich ein Bild von oben im Kopf gehabt! Mein Umhang rutschte mir vom Körper und ich konnte ihn gerade noch so mit der Hand erwischen. Ich raste in hoher Geschwindigkeit auf die Insel zu - war’s das jetzt? Kann man in einer Phantasiewelt sterben? Kurz bevor ich auf dem Boden aufschlug, spürte ich eine Hand unter meinem Bauch und kräftige Arme hoben mich wieder in die Lüfte. Ein Junge mit grünem Anzug, roten Haaren und einer grünen Mütze hatte mich gerettet. “Peter Pan!“, entfuhr es mir und als der Junge mich auf dem Strand absetzte, grinste er - „leibhaftig!“ Die Stimme des Jungen klang kindlich, aber irgendwie auch erwachsen. „Du bist Peter Pan!“ „Das sagtest Du doch schon!“ Das war zu viel für mich und ich ließ mich rücklings in den weichen Sand fallen und starrte ihn an. Als ich mich langsam wieder gefasst hatte, hörte ich eine piepsige Stimme: „Peter das kannst du nicht machen! Das ist schon wieder so eine Wendy! Und dann auch noch dieser hässliche Umhang und der dämliche Vogel, der nicht dichten kann!“ Ich schaute nach oben. Über mir flatterte eine kleine glitzernde Fee -Tinkerbell! Sie motzte und meckerte in schrillen Tönen. Ich blickte mich um. Kim hatte sich auf eine Palme in der Nähe gesetzt. Der Umhang lag neben mir im Sand. „Ahh, du bist ja wach.“ Peter schwebte ebenfalls über mir. „Wie geht es dir?“ „Gut“, stammelte ich. „Ich heiße Maria.“ „Hallo, ich bin Peter, Peter Pan.“ „Ich, ich weiß“, ich war immer noch ganz benommen. „Du warst gerade so überrascht, dass du in Ohnmacht gefallen bist.“ Oh, tut mir leid.“ „Warum tut dir das leid?“ Er schaute mich neugierig an. Das ich wusste ich selbst nicht so genau. Tinkerbell aber schon: „Ist doch klar, die gehört hier nicht her und sie weiß das!“ „Lass uns bitte ein kurzes Gespräch unter vier Augen führen.“ Peter entschuldigte sich und beide flogen zehn Meter über mich und stritten lauthals miteinander. Kim flog auf meine Schulter. Ich hörte Vögel singen und sah mich um. Hier gab es gar keine Vögel! Das Singen kam aus der anderen Richtung, vom See, der ein wenig entfernt lag. Auf ihm wuchsen Unmengen von Seerosen. Die Seerosen sangen, sie sangen: Alle meine Entchen! Wie als könnte sie meine Gedanken lesen, dichtete Kim: „Mit dem Umhang kannst du auch die Pflanzen hören, das kann ich Dir hiermit beschwören.“ Singende Seerosen! Ich schüttelte verwundert den Kopf. Peter landete vor meinen Füßen: „Lust auf einen Inselrundflug?“ Ich lächelte. Tinkerbell war doch nicht so griesgrämig. „Die da“, Peter deutete auf Tinkerbell, „wird dir etwas Feenstaub abgeben, dann fliegen wir zusammen.“ Ich schnappte mir meinen Umhang und schon wurde fühlte ich wie Feenstaub, sanft wie ein Windhauch über mich gepustet wurde. Der Staub roch nach Rosen und glitzerte in der Abendsonne. „Und jetzt?“ ich wusste nicht wie ich fliegen sollte. „Denk an etwas Schönes!“ Peter flog schon über mir. Schokoladeneis dachte ich und schon schwebte ich neben Peter Pan. Es fühlte sich an wie Fliegen! Moment, das war es ja auch! „Auf gehts“, jauchzte Peter und wir erhoben uns in die Lüfte.

Es blieb nicht bei dem Rundflug, in der Lagune der Meermädchen schwammen wir mit den Meerjungfrauen - sie waren im übrigen gar nicht so bösartig, wie sie immer dargestellt werden und spielten in Peters Höhle Fangen mit den verlorenen Kindern. Immer wenn mir eines der Kinder zu nah kam, warf ich den Umhang über und versteckte mich. Ein Abstecher zum Piratenschiff durfte natürlich auch nicht fehlen und sogar Captain Hook erschien mir fröhlich und war uns wohlgesonnen. Als es Abend wurde, ließen wir uns am Seerosensee nieder und lauschten dem Gesang der Rosen und Vögel, sie sangen alle zusammen. Die Melodie klang ganz vertraut: Der Mond ist aufgegangen. Das konnte Peter natürlich nicht verstehen. „Weißt du, Peter, ich will hier nie wieder weg. Bei dir kann ich immer ein Kind sein und auch bleiben. Erwachsene haben viel zu viele Probleme. Hier weist uns keiner zurecht und es gibt kein Regeln. Ich will bei dir bleiben!“ „Nein, das geht nicht!“ Seine Stimme klang entschlossen, aber dennoch weich und sanft. „Aber, warum denn nicht?“ „Weißt du Maria, wenn ich eines aus der Begegnung mit Wendy gelernt habe, dann dass Kinder, die Eltern haben, die sie wirklich, wirklich lieben, wieder dorthin zurückkehren sollten“ „Aber Peter...“ „Psssssttt, sag einfach gar nichts mehr!“ dann gab er mir einen Kuss auf die Wange. „Und jetzt geh!“ Sanft legte er mir den Umhang über. Und ich dachte an Zuhause.

Ich war immer noch in Gedanken versunken, als ich unsere Haustür öffnete. Thea kam auf mich zu und holte mich zurück in die Realität: „Abendessen ist fertig. Händewaschen nicht vergessen!“ Einige Sekunden stand ich einfach verdattert da. In meinem Gehirn war nur ein Satz: Du hast den Umhang noch an und sie hat dich trotzdem gesehen! Dann fiel ich ihr um den Hals. Thea war völlig überrascht doch sie erwiderte die Umarmung. Ich flüsterte ihr ins Ohr: „Ich liebe dich, Mami!“ „Ich dich auch, Schatz!“

 
 
 

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