Luca ist sechzehn Jahre alt und mit sechzehn darf man den Segelflugschein machen. Luca trainiert schon seit einem halben Jahr und kann schon alleine starten. Segelflieger sind aus sehr leichtem Material und gleiten auf den Luftströmen. Deshalb benötigen sie keinen Motor. Die kleinen leichten Flugzeuge werden entweder mit einem Stahlseil und einer Seilwinde oder von einem kleinen Motorflugzeug hochgezogen. Als Luca heute auf dem Flugplatz eintrifft entdeckt er einen stark beschädigten Segelflieger, der gerade in den Hangar 7 geschoben wird. „Was ist denn mit diesem Flieger passiert?“, fragt er Linus, seinen Fluglehrer, der gerade auf ihn zukommt. „Ist jetzt nicht so wichtig. Komm lieber mit, unser Flieger ist heute auf Bahn 3. Das Wetter ist top!“, sagt Linus schnell. „Hier stimmt doch was nicht. Was ist mit dem Piloten passiert?“, bohrt Luca nach. „Jetzt hör mir mal zu. Mein Vorgesetzter hat mir strengstens verboten mit jemandem darüber zu reden. Ich erzähl dir alles im Flugzeug“, flüstert Linus schnell. Die zwei setzten sich ins Cockpit, schnallen sich an und klappen die Scheibe des Cockpits herunter. Luca setzt sich mit dem Tower in Verbindung bis es schließlich heißt: Clear vor take of. Das Stahlseil strafft sich und wird aufgerollt bis der Flieger die vorgegebene Flughöhe erreicht hat. Dann wird das Seil abgekoppelt und sinkt in die Tiefe. Linus seufzt und schaltet sein Funkgerät aus. „Also, gestern ging eine junge Hobbypilotin in die Luft. Sie hieß Kassandra oder so. Sie hatte eigentlich geplant zwei bis drei Stunden zu fliegen. Doch schon nach einer Stunde hörte der Tower sie übers Funkgerät rufen: „Oh Nein! Alles blau! Hilfe!“ Einen Augenblick später wurde der Schleudersitz betätigt und sie segelte am Fallschirm zur Erde. Als sie unten ankam, war sie bewusstlos. Das Flugzeug flog noch weiter, bis der Wind umschlug und das Flugzeug in ein bewaldetes Gebiet krachte.“ „Wo ist sie jetzt?“, fragt Luca. „Du gibst wohl keine Ruhe? Na gut, sie ist im Marienkrankenhaus.“ Linus war genervt und schaltet sein Funkgerät wieder ein. Zwei Stunden später landet das Flugzeug. Luca hilft, den Flieger in den vorgesehenen Hangar zu schieben. Er verabschiedet sich von Linus und geht nach Hause. Dort schnappt er sich den Schlüssel für das Fahrradschloss, ein bisschen Geld, zieht sich seine Jacke über und fährt ins Einkaufszentrum. Dort kauft er einen Blumenstrauß und fährt weiter zum Marienkrankenhaus. An der Rezeption sitzt ein älterer Herr mit grauen Haaren. Luca tritt an den Tresen und räuspert sich. „Hallo? Ich möchte eine ihrer Patientin besuchen. Sie heißt Kassandra und hatte einen Unfall bei einem Segelflug.“ Seine Stimme klingt leicht zittrig. Der alte Herr tippt etwas auf der Tastatur seines Computers, blättert in einem Ordner und sagt schließlich: „Kassandra… hmm. Segelunfall… hmm. Sie liegt in Zimmer 29 auf Station 3. Sie ist bei Bewusstsein, bleibt aber noch einige Tage hier. Zur Beobachtung. Tragen sie sich bitte hier in diesem Formular ein. Sie können dann den Fahrstuhl nutzen.“ Luca unterschreibt das Formular und geht in Richtung Fahrstuhl. Angekommen auf Station drei sucht er Kassandras Zimmer. Gerade als er es gefunden hat, hört er Stimmen hinter der Tür. Eine Frauenstimme sagt: „Wird schon alles gut gehen. Der Reporter ist gleich hier. Ich erzähle ihm dann nochmal die ´´blaue Geschichte´´. Er wird sie kaufen. Ganz sicher!“ „Was!“, schreit Luca und stürmt in das Krankenzimmer. „Sie haben sich das alles nur ausgedacht um die Geschichte einem Reporter zu verkaufen?“, ruft Luca empört. Die Frau im Bett sieht ihn mit großen Augen an. Dann vergräbt sie das Gesicht in den Händen und bricht in Tränen aus. „Ja. Ja verdammt. Ich habe mir alles nur ausgedacht. Ich habe vor kurzem meinen Job als Pilotin verloren. Wenn das so weitergeht, muss ich mein Segelflugzeug verkaufen.“ Luca Über legt kurz. Dann hat er eine gute Idee. Ein Jahr später hat Kassandra eine kleine, sehr gut laufende Firma auf die Beine gestellt. Man kann sie für Werbeflüge mit ihrem Segelflieger beauftragen. Luca arbeitet bei ihr als Pilot. Inzwischen hat er seinen Flugschein.
top of page
Search
Recent Posts
See AllIch stehe am Meer, mein Blick schweift über den Horizont Der Ozean ist blau wie der Himmel Blickend auf den strahlenden Himmel schwelge...
992
„Hatschi!!!!“ Es kribbelte in meiner Nase als würden 1000 Ameisen sich dort häuslich einrichten. Jetzt begannen auch noch meine Augen zu...
851
1 comentário
bottom of page
Besonders gefällt mir an deiner Geschichte, dass sie so unvorhersehbar ist. Ich konnte mir, als ich die ersten Sätze gelesen habe, noch nicht vorstellen, dass Kassandra alles am Ende nur insziniert hat. Dazu lernt man noch etwas über Segelflugzeuge