Das Mädchen auf der Brücke – von Carla Muth
- Brigitte Leeser
- May 20, 2020
- 2 min read
Warum nur? Das frage ich mich schon die ganze Zeit, warum musste immer mir so etwas passieren? Wahrscheinlich war es Rache dafür, dass ich so gehässig gewesen bin. Andrerseits meine ich, jeder hat doch wohl Spaß daran, seine Geschwister zu ärgern oder etwa nicht?
Gut, es war schon gemein, was ich getan habe, aber ich hätte doch nicht ahnen können, dass das passiert. Ich wollte doch meinen Schwestern nur einen kleinen Streich spielen. Ach, ihnen sind ihre dämlichen Ketten so unfassbar wichtig. Ich habe sie einfach nur genommen und bin damit vor ihnen weggerannt. Warum lassen sie die Ketten auch einfach so rumliegen? Naja, vielleicht habe ich auch ein bisschen übertrieben, indem ich auf die Brücke gelaufen bin und die Ketten übers Wasser gehalten habe. Aber wenn ich gewusst hätte, dass mein kleiner Bruder auch angerannt kommt und mich anrempelt, hätte ich das nicht getan. Jeder weiß, was dann geschehen ist.
Aber wie komme ich an die Kette im Wasser wieder dran? Rein springen? Nein, viel zu kalt! Sie raus fischen? Womit denn? Ich sollte echt mal an mir arbeiten, damit mir das nicht nochmal passiert, denn dann hätte ich
meine Hand von der Brüstung weggezogen,
die Kette abfangen können,
und ein drittes Argument gibt eigentlich gar nicht.
Ich muss daran arbeiten!
Aua! Was ist das? Hä?! Ist das ein Engel?! Ne ein Esel, quatsch eine Mischung aus beidem, aber wie klein?! Ist ja niedlich aber was glänzt denn da? Es hält ja die Ketten in der Hand! Wie kann das sein? Hä, wo ist es hin? Naja, das passt echt gut zu mir. Denn eigentlich bin ich ein Engel und gleichzeitig auch ein Esel. Ich sollte ihnen schnell die Kette zurückgeben!
Oh, dem Himmel sei Dank, dass sie nicht mehr sauer auf mich sind, aber ein bisschen gewundert haben sie sich schon. Es gibt also doch Wunder! Und es kam zu mir, also bin ich vielleicht gar nicht so ein Pechvogel. Aber in Zukunft sollte ich eindeutig besser aufpassen!!!
Comments